Das „öffentliche WC“ ist ein Paradoxon, in dem sich Intimität und Öffentlichkeit verschränken. Eine Örtlichkeit, die uns vertraut ist und die uns ins Stolpern bringen kann – angefangen damit, sie beim richtigen Namen zu nennen. Eine Örtlichkeit, die wir distanziert funktionalisieren und als austauschbaren Schauplatz, als Raum ohne Ort, für eine notwendige automatisierte Handlung in unserem Alltag wahrnehmen.
‚WC 2006’ hatte als Ziel die Örtlichkeit Toilette großräumig klanglich zu vernetzen. Dazu wurden Einzeltoiletten und Toilettenanlagen aus möglichst unterschiedlichen öffentlichen Bereichen (z.B. Museum, künstlerischer Veranstaltungsort, Galerie, Theater, Gastronomie, öffentliche Einrichtung etc.) in ca 40 Örtlichkeiten mit der gleichen Klangkomposition beschallt.
‚WC 2006’ besteht aus neun Kompositionseinheiten. Eine Kompositionseinheit ist auf 45 Sekunden bis eineinhalb Minuten angelegt und ist damit lang genug, um vom WC-Besucher durch ein einmaliges Hörerlebnis erfasst werden zu können und kurz genug, um ihm das Hören mehrerer Sequenzen zu ermöglichen, ohne zu lange verweilen zu müssen. Die eigentliche Rezeption des WC-Besuchers entsteht aus dem Wechselspiel zwischen Klang, Raum und persönlichem Erleben.
Die Tatsache, dass der WC-Besucher durch sein Hörerlebnis automatisch in Kontakt mit zufällig in allen anderen teilnehmenden Toiletten anwesenden Besuchern tritt, wurde durch eine entsprechende Information in den Einzeltoiletten kommuniziert. Der geschützte intime Einzelschauplatz WC wird als ortsübergreifender Großraum imaginär-auditiv transparent, in den der Besucher emotional integriert ist.
Aus der klanglichen Vernetzung vieler Einzelräume ensteht im Zusammenspiel mit der künstlerischen Brechung eine transfigurierte Kunstplattform. Sie bietet dem Besucher als Akteur und Rezipient in einem die Möglichkeit, verschiedene Standorte im Wechselspiel zwischen den Polen Klang, Räumlichkeit und eigener Handlung zu erleben. Die dadurch geschaffene gleichzeitige Distanz und Einbeziehung ermöglicht eine differenzierte und neuartige Wahrnehmung des alt Vertrauten, aus der Impulse zur Re-Definition des Alltagsraums „öffentliche Toilette“ jenseits von Funktion und Tabu entstehen können.
Die Klangkompositionen für ‚WC 2006’ überraschen den Hörer und binden ihn emotional in seine Umgebung ein. Jede der neun Klangeinheiten entwickelt sich aus einem zentralen Klang heraus, der dafür geeignet ist, sich zwischen den architektonischen und akustischen Parametern der Örtlichkeit ‚öffentliche Toilette’ zu entwickeln. Es gibt zwei instrumentale Kompositionen, drei Kompositionen aus Naturgeräuschen und vier Stimmkompositionen. Peinliche Geräusche oder Klänge aus dem Umfeld der Toilette und ihrer Nutzung werden nicht verwendet. Die Abspielvorrichtungen wurden so gut wie möglich unsichtbar im Toilettenraum integriert.